Die BMW R1100 GS – ein Umbau Teil 4

Nach der erfolgreichen 800km Tour durfte endlich die Planung für den Umbau beginnen.

Schritt 1: The Nose-Job (dt.“Die Nasen OP“)

Ziel: Entfernung des Schnabels, Verlegung des Ölkühlers und Umbau auf Monoschweinwerfer.

Ich wollte das Rad in manchen Bereichen nicht neu erfinden und habe deswegen auf Teile von Unit Garage zurückgegriffen. Kohle gegen Zeit sozusagen. Ölkühlerumbausatz, Lampenhalterung, Lenkerklemmung und den Tacho habe ich dort bezogen. Ebenso die Faltbälge und die Lenkerpolsterung. Den passenden Schweinwerfer, wie auch die Blinker, gibt es aber deutlich günstiger bei anderen Anbietern.

Nachdem alles geliefert wurde musste natürlich nochmal eine letzte ausgedehnte „Aufwärmfahrt“ (300km über den Reschen, durch den Vintschgau und übers Timmelsjoch retour) gemacht werden, um dann das ordentlich aufgewärmte Öl abzulassen. Ich wollte den Ölkühlerumbau öl-frei erledigen, da ich schon ohnehin genug Ölflecken im Carport habe und die beste Sozia von allen mir schon subtil Werbungen für Mittel zur Ölfleckentfernung auf den Schreibtisch legt. Laut Unit Garage geht es übrigens auch ohne Ölwechsel, dazu muss die GS aber komplett auf die Seite gelegt werden. Ein Stück Klebeband auf dem Zündschloss verhindert ungewolltes starten ohne Öl, denn ich bin der Meister solcher Blödheiten…

Wer übrigens glaubt, dass beim gut durchgewärmten Ablassen das ganze Öl raus geht, der irrt. Es ist durchaus möglich mit dem im Kühler verbleibenden Rest-Öl eine ordentliche Sauerei anzurichten. Die beste Sozia von allen ist „not-amused“. 

Der Abbau der Front geht recht schnell nach Schema F im BMW Service Manual. Nur der Ausbau des Öl-Kühlers aus dem Schnabel hat mich etwas Nerven gekostet. Irgendwie ist es unmöglich den Kühler nach vorne oder hinten raus zu bekommen und mit der Alubrücke der Blinker oben besteht ein Deadlock da keine Schrauben sichtbar. Der Zufall hats dann aber gelöst. Das Konstrukt auf die Werkbank gelegt, umgedreht und dabei mit dem Ärmel hängengeblieben. Die ganze Schoße fällt runter, die Alubrücke liegt 10 cm daneben und der Kühler ist frei… 

Wiederverwendet wird aus der Front nur den Öl-Kühler selbst und die Stecker der FID und der Instrumente. Der Rest geht ins Lager. Die Verkabelung artet in eine 2 Stunden Löt-Orgie aus, schlussendlich ist der neue „Kabelbaum“ bzw. eher „Kabelwurzelwerk“ fertig für den späteren Einbau. Unit Garage legt zusätzlich zum Schaltplan des Acewell 2853 noch eine Verkabelungsanleitung für die gängigsten BMW-Modelle mit bei. Bei der Zeichnung für R11*0 und R850 GS stimmt alles bis auf eine Kabelfarbe (Weiss im Plan, Grün in Realität) und damit lässt sich alles gut und schnell zuordnen. Die Quote steht dennoch 35:1, dass das, in den frühen Morgenstunden eines verregneten Sonntags erzeugte, Kunstwerk nicht auf Anhieb funktioniert. Für die Blinker habe ich übrigens JST Stecker aus dem Modellbau verwendet und danach eingeschrumpft.

(c) Unit Garage

Der Ausbau der linken (in Fahrtrichtung) Ölleitung geht nur mit ausgebautem Telelever. Oder, wenn man brutal ist, mit Hilfe des Spezialwerkzeugs „Gardena Gartenschere“ auch bei eingebautem Telelever. Fürs einfädeln der rechten Ölleitung muss der Telelever so weit runter wie möglich. Da ich an diesem Tag nicht auf die Hilfe der besten Sozia von allen zählen konnte, sie war ob der neuen Ölflecken immer noch etwas verschnupft, musste ich in die Trickkiste greifen. Vorderer Stoßdämpfer vom Telelever lösen, Vorspannung des hinteren Dämpfers komplett auf null, Hinterrad mit einem Spanngurt nach oben ziehen und eine Kiste Mineralwasser aufs Heck. Damit ist die Front weit oben, der Telelever ganz unten und die vorgebogene Ölleitung lässt sich zwischen Motor und Telelever von oben durchschieben. Der restliche Anbau ist keine Kunst, die Teile von Unit Garage passen perfekt und der Ölkreislauf ist wieder dicht und komplett.

Der Umbau der Front auf den Monoscheinwerfer ist schon fast zu einfach, was ich als Omen für ein späteres Desaster sehe. Die Teile passen, für italienische Verhältnisse, schon beinahe perfekt und der Gummihammer kommt nur selten zum Einsatz.

Mit dem Acewell 2853 sind fast alle Funktionen des alten Cockpits abgedeckt. Auf was ich (vorerst) verzichten muss sind Öltemperatur und Gangnummer aus dem FID. Für das Öl finde ich sicher noch was, für die Gangnummer muss ich vielleicht selber einen kleinen Chip basteln. Im Austausch dafür bekommen habe ich eine Schaltwarnung, mehrere Tourenzähler und einen feinjustierbaren Tacho (mittels Raddurchmesser, gespeist von der Originalschnecke).

Nach dem Zusammenbau, dem Verbau von gefühlten 4.533 Kabelbinder und eingießen von 3,75l Öl ist die Kiste soweit wieder bereit für einen Probelauf.

Zündschlüssel rein, drehen, uns siehe da: Das neue Cockpit leuchtet wie ein LED-Christbaum… und zwar korrekt. Ich hätte die Wette verloren. Alle Funktionen sind auf Anhieb verfügbar und bis auf den linken Blinker, bei dem ich unsauber gekrimpt habe, besteht alles den Test. Damit steht einer ersten Probefahrt nichts mehr im Weg!

Wie es aussieht, hat der Schnabel und das Windschild auch deutliche aerodynamische Auswirkungen, denn auf der ersten Probefahrt ohne den Verbau bescheinigt mir der Tacho eine Geschwindigkeit von 299 km/h im ersten Gang! Wahnsinn, was so ein Windschild ausmacht. 

:bounce:

Die Freude über den Leistungszuwachs dauert aber nicht lange, ich habe mich beim Multiplikator in der Acewell Konfig vertan… richtiggestellt sind wir wieder bei plausiblen Werten, welche ich mit einem GPS über den Reifenumfang im Acewell nochmal feinjustiere. Jetzt liegen die beiden Werte unter 0,3km/h auseinander. Damit kann ich (und hoffentlich die Rennleitung) leben.

Damit ist der Schritt 1, die „Nasen OP“, erfolgreich abgeschlossen. Ich habe ehrlich gesagt große Freude am Ergebnis, denn wie heißt es so schön:
„Wenn Du nach dem Abstellen nicht nochmal zurückblickst und lächelst, dann hast Du das falsche Moped!“

Schritt 2 beginnt mit einem Sakrileg, für welches ich von einem Nachbarn, selbst GS Fahrer, mit großem Kopfschütteln bereits angepöbelt wurde. Dazu aber später mehr!